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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 27.07.2009
Aktenzeichen: 6 W 63/09
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 35 | |
ZPO § 91 |
Gründe:
I.
Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Reisekosten.
Die Antragsteller, die in O1 ansässig sind, haben gegen die in O2 ansässige Antragsgegnerin vor dem Landgericht Frankfurt am Main wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 04.11.2008 aufrechterhalten und der Antragsgegnerin die weiteren Kosten des Eilverfahrens auferlegt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller ist in O1 ansässig; er hat den Verhandlungstermin vor dem Landgericht Frankfurt am 04.11.2008 wahrgenommen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.02.2009 (Bl. 154 f. d.A.) ist der von der Antragsgegnerin zu erstattende Betrag auf 2.441,13 EUR festgesetzt worden. Hierbei hat der Rechtspfleger die wegen der Wahrnehmung des Verhandlungstermins geltend gemachten Reisekosten des Antragstellervertreters antragsgemäß wie folgt berücksichtigt: Flugkosten 612,34 EUR, Taxikosten 88,79 EUR, Tage- und Abwesenheitsgeld 60 EUR. Die Summe der genannten Beträge beläuft sich auf 761,13 EUR (netto).
Gegen die Festsetzung dieser Kosten wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie wendet ein, die Antragsteller hätten den Eilantrag beim LG Berlin stellen und auf diese Weise die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten vermeiden können. Vorsorglich macht sie geltend, dass der Antragstellervertreter nach O3 mit der Bahn hätte reisen können statt das Flugzeug zu benutzen. In diesem Falle wären auch die Taxikosten nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden.
Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss. Sie haben nach gerichtlichem Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zur Höhe erstattungsfähiger Flugreisekosten (Bl. 176 d.A.) unter Vorlage eines entsprechenden Ausdrucks der X vorgetragen, dass die Flugreisekosten bei Benutzung der Economy Class anstelle der Business Class 520,62 EUR (netto) betragen hätten.
Der Einzelrichter hat gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Der Rechtspfleger hat dem Grunde nach zu Recht die geltend gemachten Reisekosten und das Abwesenheitsgeld als erstattungsfähig angesehen.
Die Antragsteller durften einen an ihrem Geschäftssitz bzw. Wohnsitz in O1 ansässigen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung beauftragen. Dessen Reisekosten zum Verhandlungstermin beim Prozessgericht in Frankfurt am Main sind erstattungsfähig. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsteller das Verfahren auch beim Landgericht Berlin hätten führen können. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 23.10.1984 - 6 W 131/84) dürfen dem Kläger durch die Ausübung seines Wahlrechts gemäß § 35 ZPO keine kostenrechtlichen Nachteile erwachsen; die Zweckmäßigkeit der Gerichtsstandswahl ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu überprüfen. Diese Auffassung des Senats stimmt mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur überein (vgl. OLG Köln, JurBüro 1992, 104; OLG München, JurBüro 1994, 477 mit zustimmender Anmerkung Mümmler; OLG Hamburg, JurBüro 1999, 367; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 35 Rn 3; Musielak/Heinrich, 6. Auflage, § 35 Rn 4; Hess in: Ullmann jurisPK-UWG, 2. Aufl. 2009, § 14 Rn 19; a.A.: OLG Stuttgart, OLGR 2008, 768 mit ablehnender Anmerkung Schneider, AGS 2008, 625; Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rn 13 unter "Wahl des Gerichtsstandes").
Bei einer Entfernung wie derjenigen zwischen O1 und O3 kann ein Rechtsanwalt ohne kostenrechtliche Nachteile für seine Partei das Flugzeug benutzen, sofern - wie es hier der Fall ist - die Bedeutung der Sache zu den entstehenden Reisekosten in einem angemessenen Verhältnis steht. Dies hat der erkennende Senat in Anwendung der bei Kostenfestsetzungsfragen grundsätzlich gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. BGH, WRP 2008, 363, Tz. 8 m.w.N.) bereits mehrfach entschieden (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 06.11.2003 - 6 W 179/03, 19.02.2004 - 6 W 136/03, 11.01.2006 - 6 W 201/05, 08.05.2006 - 6 W 54/06 - und 11.02.2008 - 6 W 207/07). Hieran wird festgehalten.
Allerdings sind die Kosten für eine Flugreise des Prozessbevollmächtigten nur bis zur Höhe des Betrages erstattungsfähig, der bei Benutzung der Economy Class anfällt bzw. angefallen wäre (so auch OLG Düsseldorf, JurBüro 2009, 199; a.A. OLG Hamburg, JurBüro 2008, 432). Im Regelfall entstehen in der Business Class im Vergleich zur Economy Class deutlich höhere Kosten mit der Folge, dass die Kosten der Flugreise dann nicht mehr in einem akzeptablen Verhältnis zu den Kosten stehen, die bei Benutzung der Bahn (1. Wagenklasse) entstünden. Die Vorteile, die mit der Benutzung der Business Class verbunden sind, wiegen jedenfalls bei relativ kurzen Inlandsflügen, wie sie auf den Strecken von O1, O4 oder O5 nach O3 anfallen, nicht so schwer, dass sie die Verursachung der Mehrkosten der Business Class rechtfertigen.
Auf den Grundsatz, dass auf den Strecken von O1, O4 oder O5 nach O3 in hinreichend bedeutenden Streitsachen die Benutzung des Flugzeugs angemessen ist, hierbei aber nur die bei Benutzung der Economy Class entstehenden Kosten in Ansatz zu bringen sind, ist im Interesse der Rechtsklarheit in Anwendung einer typisierenden Betrachtungsweise auch dann abzustellen, wenn im Einzelfall - wie vorliegend - die in der Economy Class anfallenden Kosten vergleichsweise hoch sind.
Im vorliegenden Fall ist nach dem Vorbringen der Antragsteller im Schriftsatz vom 29.06.2009, dem die Antragsgegnerin nicht mehr entgegengetreten ist, davon auszugehen, dass ein Flug in der Business Class 520,62 EUR gekostet hätte. Dieser Betrag ist von der Antragsgegnerin zu erstatten. Hinzu kommen die geltend gemachten Taxikosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld.
Der insgesamt festzusetzende Kostenbetrag war demnach von 2.441,13 EUR um 91,72 EUR auf 2.349,41 EUR zu ermäßigen. Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Von einer Ermäßigung der nach Nr. 1812 GKG-KV anfallenden und von der Beschwerdeführerin zu tragenden Gerichtsgebühr hat der Senat in Anbetracht des geringen Erfolgsanteils der Beschwerde abgesehen.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, da die Frage, ob sich aus der Gerichtsstandswahl kostenrechtliche Nachteile ergeben können, grundsätzliche Bedeutung hat und in der obergerichtlichen Rechtssprechung nicht einheitlich beurteilt wird.
Ende der Entscheidung
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